§ Rechtliches über das Abbilden von Briefmarken

 

 

Handhabung

 

Das Abbilden von Briefmarken in Büchern oder auch auf Internetseiten tolerieren die einzelnen Postverwaltungen der Welt in unterschiedlichem Maß. Die Postverwaltung der Färöer hat beispielsweise alle Abbildungen einschließlich der Briefmarken für gemeinfrei erklärt. Deutsche Briefmarken sind als amtliches Werk nach § 5 Abs. 1 UrhG gemeinfrei und können abgebildet werden. Briefmarken privater Anbieter sind keine amtlichen Werke und unterliegen daher den Schutzrechten ihrer Urheber.

 

Rechtsprechung

 

Ein einschlägiges rechtskräftiges Urteil zum Urheberrecht von Briefmarken des Landgerichts München (AZ 21 S 20861/86) befasst sich mit der Abbildung der Marke „Fünfhundert Jahre Rathaus Michelstadt“. Das Urteil verneint in zweiter Instanz die Ansprüche auf Lizenzgebühr gegen den Schwaneberger Verlag München (Michel-Katalog), der 1985 einen Briefmarken-Kalender herausgegeben hatte und auf dem Titelbild des Kalenders einen vergrößerten Abdruck der vom Kläger entworfenen Briefmarke abbildete. In der Urteilsbegründung heißt es: „Die von dem Kläger entworfene Briefmarke hat den urheberrechtlichen Schutz, den sie zunächst als bloßer Entwurf besaß (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Urheberrechtsgesetz), durch die Aufnahme im Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen gemäß § 5 Abs. 1 UrhG verloren.“ Entsprechend diesem Urteil sind deutsche Briefmarken als amtliche Werke gemeinfrei, also ohne urheberrechtlichen Schutz und können von jedermann beliebig genutzt werden, soweit dem nicht die einschlägigen Vorschriften des Strafrechts (§§ 148, 149 StGB) entgegenstehen (so auch von Ungern-Sternberg, GRUR 1977, 768) Die Kommentarliteratur sieht das freilich anders.[2] Diese Ansicht hat das LG München zur Kenntnis genommen, aber verworfen. Im Alltagsgebrauch zeigt sich immer wieder, dass es sich bei Briefmarken um amtliche Werke handelt. Sie bleiben weiterhin von der Umsatzsteuer befreit und Fälschungen an Postfrankierungen mit Briefmarken werden als Straftat verfolgt.[3]

 

Am 6. Oktober 2011 stellte das Landgericht Berlin im Rahmen einer einstweiligen Verfügung anlässlich der Abbildung deutscher Briefmarken auf der Wikipedia-Seite für Loriot fest,[4] dass Briefmarken keine amtlichen Werke seien. Eine Begründung gibt das Landgericht nicht, verweist aber auf die einschlägige Kommentierung im Urheberrechts-Kommentar von Dreier/Schulze, § 5 UrhG, Randziffer 11.

 

Quelle Wikipedia

 

Urheberrechtsschutz von Briefmarken

27 Juni 2011, von Dennis Töllet

 

In allerlei Stockfotoagenturen und Fotografieforen kann man Abbildungen von Briefmarken finden. Unabhängig davon ob sie das zentrale Motiv oder nur ein optisches Beiwerk darstellen sollen, stellt sich die Frage nach der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit und entsprechenden Folgen einer möglicherweise unzulässigen Abbildung. Hinsichtlich deutscher Briefmarken und der Rechtslage in Deutschland soll an dieser Stelle ein kleiner Überblick gegeben werden.

 

Ohne die einzelnen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) tiefergehend zu beleuchten, soll die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von Briefmarken zunächst angenommen werden. Es handelt sich also um eine persönliche geistige Schöpfung. Dies ist bisher auch nahezu einhellige Meinung in Literatur (Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 5. Aufl., Rdnr. 581, m.w.N.) und Rechtsprechung (LG München, Urteil v. 10.03.1987, Aktz.: 21 S 20861/86).

 

Entscheidend für den Erhalt des Schutzes ist allerdings die Frage, ob es sich bei den Marken um amtliche Werke im Sinne des § 5 UrhG handelt. Würde man dies annehmen, so wären Briefmarken vom Urheberschutz ausgenommen, obwohl es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt (vgl. Gemeinfreiheit – Werke ohne Urheberrechtsschutz). An dieser Stelle gehen die Meinungen auseinander.

 

Rechtsprechung

 

Von der bisherigen kargen und mittlerweile in die Jahre gekommenen Rechtsprechung werden Briefmarken als amtliche Werke und damit als gemeinfrei angesehen (LG München, a.a.O.). Die Entscheidung des LG München wurde darauf gestützt, dass Briefmarken zum Zeitpunkt der Entscheidung noch im Amtsblatt des Bundespostministers (aufgelöst zum 1. Januar 1998, seitdem herausgegeben vom Bundesministerium der Finanzen, Referat Postwertzeichen) veröffentlicht wurden. Mittlerweile werden neue Postwertzeichen „nur“ noch auf der Website des Finanzministeriums bekanntgegeben. Folgt man also der Meinung der Rechtsprechung, steht einer freien Verwendung wie z.B. der Vervielfältigung nichts entgegen.

 

Literatur

 

Anders sieht dies jedoch die überwiegende Literaturmeinung (Dreier/Schulze, Kommentar zum Urheberrechtsgesetz, 3. Auflage, § 5 Rdnr. 10, m.w.N.). Sinn und Zweck der Ausnahme bestimmter Werke vom urheberrechtlichen Schutz ist die möglichst weite Verbreitung selbiger. Damit wird grundsätzlich dem Interesse der Allgemeinheit entsprochen, Kenntnis von den Werken zu erlangen, während das Interesse des Schöpfers am Schutz seines Werkes zurücktreten muss. Das Urheberrecht soll der Möglichkeit, sich solche Werke frei verschaffen zu können, nicht entgegenstehen. Briefmarken hingegen werden nicht zum Zwecke der Kenntnisnahme verteilt, sondern haben einen konkreten Verwendungszweck – den der Frankierung von Briefen. Briefmarken sollen daher Urheberschutz genießen, wie andere Werke auch und nicht als gemeinfrei gelten.

 

Fazit

 

Diese Uneinigkeit führt, wie so oft, zu Unsicherheiten. Eine eindeutige Einschätzung, ob Briefmarken als gemeinfreie Werke anzusehen sind, bleibt daher an dieser Stelle aus. Allerdings ist die Argumentation der Stimmen in der Literatur schlüssig und gewährt dem Schöpfer der Briefmarken den angemessenen Schutz, den auch jeder andere Urheber grafischer Werke genießt. Briefmarken als amtliche Werke anzusehen, wie es in der Rechtsprechung bisher geschehen ist, widerspricht den amtlichen Interessen und stuft Postwertzeichen als reine Informationsträger ein, was sie tatsächlich nicht sind. Ob sich diese Ansicht jedoch auch in der Rechtsprechung durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.